S. Teuscher u.a. (Hrsg.): Königsfelden.

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Titel
Königsfelden.. Königsmord, Kloster, Klinik.


Herausgeber
Teuscher, Simon; Moddelmog, Claudia
Erschienen
Baden 2011: hier + jetzt, Verlag für Kultur und Geschichte
Anzahl Seiten
288 S.
Preis
URL
Rezensiert für infoclio.ch und H-Soz-Kult von:
Roland Gerber

Herausgegeben haben die vorliegende Geschichte über das neben dem um 1027 gestifteten Kloster Muri «zweite Hauskloster» des Hochadelsgeschlechts der Habsburger im Aargau Simon Teuscher, Ordinarius für mittelalterliche Geschichte an der Universität Zürich, und Claudia Moddelmog, wissenschaftliche Leiterin des Editionsprojekts.

Im ersten Kapitel untersucht Tobias Hodel die zeitgenössischen chronikalischen Zeugnisse über den Königsmord von 1308 und die darin gemachten, teilweise widersprüchlichen Angaben über die Hintergründe der Bluttat und die Biografien der Königsmörder.

Im zweiten Kapitel wendet sich Martina Wehrli-Johns dem Stiftungsvorgang zu. Dieser dauerte über einen längeren Zeitraum von 1309 bis zur Niederschrift der ersten Klosterordnung um 1318. Bemerkenswert ist, wie umsichtig Agnes von Ungarn und ihre 1314 in Wien gestorbene Mutter Elisabeth von Görz-Tirol bei Bau und Ausstattung des franziskanischen Doppelklosters vorgegangen sind. Die beiden Königswitwen liessen ihre Familienstiftung nicht nur von allen zuständigen geistlichen Institutionen urkundlich bestätigen, sondern sie regelten auch den Klosteralltag der 40 – später 44 – zugelassenen Nonnen von den Kleidern bis zu den täglichen Essensrationen, wozu bei Krankheit durchaus auch einmal Himbeeren oder sogar Zucker gehören konnten.

Im dritten Kapitel beschäftigt sich wiederum Tobias Hodel mit der schriftlichen Überlieferung des Klosters bis zur Säkularisation während der Reformation von 1528. Bei der Schriftgutverwaltung zeigte Agnes von Ungarn offenbar die gleiche Sorgfalt wie bei Bau und Ausstattung der Klostergebäude. 1335 /36 liess sie Ordnungen, Privilegien und Besitzurkunden wörtlich in eine repräsentative Pergamenthandschrift übertragen. Das weitgehende Fehlen von Nachträgen und Gebrauchspuren macht deutlich, dass dieses Kopialbuch nicht als Register für das Auffinden der wachsenden Zahl der im Klosterarchiv aufbewahrten Rechtstitel angelegt wurde. Vielmehr liess Agnes Besitz und Rechte des Klosters, wie sie dies für die Etablierung der eigenen Familienmemoria und das «ewige» Weiterbestehen der königlichen Stiftung als wichtig erachtete, schriftlich zusammenstellen und damit für die Zukunft konservieren.

Im vierten Kapitel thematisiert Claudia Moddelmog die soziale Herkunft der in Königsfelden lebenden Nonnen mit besonderer Berücksichtigung ihrer Beziehungen zum benachbarten aargauischen Adel. Mit einem Eintrittsgeld von 200 Gulden konnten es sich nur wohlhabende und bis 1415 noch vorwiegend in Abhängigkeit zu Habsburg stehende Adelsgeschlechter leisten, ihre Töchter ins Kloster zu schicken. Angehörige bernischer Ratsgeschlechter lassen sich sogar erst ab 1500 als Klarissinnen nachweisen. Bekannt geworden ist vor allem Margareta von Wattenwyl, eine Tochter des Berner Schultheissen Jakob II. von Wattenwyl (1466 –1525). Nachdem sie bereits 1523 den brieflichen Kontakt zum Zürcher Reformator Huldrych Zwingli (1484 –1531) gesucht hatte und in der Folge zum neuen evangelischen Glauben konvertierte, erlaubte ihr der Berner Rat, im Sommer 1524 zusammen mit anderen Nonnenaus dem Kloster auszutreten und zu heiraten.

Im fünften Kapitel beschreibt Jeannette Rauschert die Zeit Königsfeldens von der Reformation bis zum Ende des Ancien Régime. Der ehemalige Klosterbesitz mit seinen reichen Geld- und Naturaleinkünften wurde nach 1528 in einer eigenen Landvogtei zusammengefasst, der ein Berner Ratsherr bis 1798 als Hofmeister vorstand. In den Klostergebäuden rund um den Kreuzgang entstand ein Spital für Arme und Kranke, während im Chor der «Agneskirche» eine Kapelle für die Spitalinsassen und im Langhaus eine Gerätedepot und später ein Kornmagazin eingerichtet wurden. Bemerkenswert ist, dass die Berner Landvögte die Memoria an die königliche Stifterfamilie auch nach der Säkularisation 1528 aufrechthielten, indem sie für den Unterhalt der Klosterkirche mit ihren prächtigen Glasfenstern sorgten, die Habsburger-Gruft für Besucher offen hielten und die Memorialtafeln und Wappenscheiben, die an die bei Sempach 1386 gefallenen Ritter erinnerten, regelmässig erneuern liessen.

Im sechsten Kapitel widmet sich Nanina Egli der Umwandlung Königsfeldens in eine psychiatrische Klinik. Mit dem Abbruch des ehemaligen Männerkonvents im Norden der Klosterkirche und dem Klinikneubau zwischen 1869 und 1872 setzte der junge Kanton Aargau neue bauliche Akzente. Dem erwachenden Interesse der Romantik an historischen Gebäuden sowie der Überzeugungsarbeit des Begründers der modernen Denkmalpflege Johann Rudolf Rahn (1841–1912) war es schliesslich zu verdanken, dass die baufällige «Agneskirche» nicht abgerissen und die Glasscheiben – deren Wert man 1877 auf rund 800 000 Franken schätzte – verkauft wurden.

Den Herausgebern ist es gelungen, die wichtigsten Aspekte der Geschichte Königsfeldens vom 14. bis 20. Jahrhundert in einer ansprechend gestalteten und gut lesbaren Darstellung zusammenzufassen. Als roter Faden diente die sich im Laufe der Jahrhunderte wandelnde Wahrnehmung des Klosters als Memorialort der Königs- und Kaiserdynastie der Habsburger. Prägend war in dieser Hinsicht vor allem die Stifterin und unermüdliche Förderin des Doppelklosters Agnes von Ungarn. Nicht nur verstand sie es, in Königsfelden – im klaren Widerspruch zum Armutsideal der Franziskaner – eine reich dotierte und von den Habsburgern über mehrere Generationen alimentierte Familienmemoria einzurichten, sondern sie ordnete auch das tägliche Leben der Nonnen, die materielle und künstlerische Ausstattung des Klosters sowie die schriftliche Überlieferung in umfassender Weise. Erst am Anfang steht hingegen die prosopographische Untersuchung über die Zusammensetzung des Konvents und die soziale Herkunft der Nonnen. Obwohl für die Zeit von 1312 bis 1528 immerhin rund 150 Namen nachgewiesen werden, zeigt sich, dass das Verwandten- und Beziehungsnetz der adligen Frauen – die bis um 1370 nur mit Vornamen in den Quellen erscheinen – sich nur unzureichend beschreiben lässt. Der Eintritt in ein mittelalterliches Kloster eröffnete Frauen gleichermassen wie Männern den exklusiven Zugang auf die geistlichen, sozialen und materiellen Ressourcen der Klostergemeinschaft. Durch den Perspektivenwechsel von einer männlichen auf eine weibliche Sicht allein kann der von den Herausgebern angestrebte Erkenntnisgewinn somit nicht erzielt werden.

Zitierweise:
Roland Gerber: Rezension zu: Teuscher, Simon; Moddelmog, Claudia (Hrsg.): Königsfelden. Königsmord, Kloster, Klinik. Baden: hier + jetzt 2012. Zuerst erschienen in: Berner Zeitschrift für Geschichte, Jg. 75 Nr. 3, 2013, S. 66-68.

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Zuerst veröffentlicht in

Berner Zeitschrift für Geschichte, Jg. 75 Nr. 3, 2013, S. 66-68.

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